Jedes Jahr im September zieht es tausende Zuschauer aus aller Welt in den kleinen Ort Braemar in den Highlands, der sonst nicht mehr als 1000 Einwohner vorweisen kann. Und für viele der Besucher sind die Spiele ohne die Stippvisite der königlichen Familie undenkbar. Wer einmal einen Blick auf die Royals werfen möchte, der hat hier vermutlich wirklich die größten Chancen. Und trotzdem – und das macht den besonderen Charme des Braemar Gathering aus  – geht es gemütlich zu.

Die Verbindung Braemars mit den Royals geht auf Queen Victoria zurück, die sich bei einem Besuch in Schottland so sehr in die Highlands verliebte, dass sie und ihr Mann Prince Albert sich das knapp 15 Kilometer entfernte Balmoral Castle zulegten. Seither dient es als Feriensitz der Royals. Schon zu Queen Victorias Zeiten gab es Highland Games im nahen Braemar. In seiner heutigen Form geht das Braemar Gathering aber auf die Gründung der Braemar Royal Highland Society im Jahr 1815 zurück. Queen Victoria übernahm später die Schirmherrschaft für die Spiele, die seitdem bei der königlichen Familie liegt. Die Braemar Royal Highland Society als Veranstalter ist stolz auf die Verbindung mit den Royals . Doch auch die lockere Atmosphäre ist wichtig: Sie lockt Menschen aus aller Welt an.

Die königliche Familie nimmt traditionell auf einer lindgrün gestrichenen Holzkonstruktion Platz, die zwar den schönen Namen „Royal Pavillion“ trägt, aber durchaus an eine etwas groß geratene Gartenlaube erinnert. Das Dach ist mit frischem Tannengrün geschmückt, an hohen Fahnenstangen wehen Flaggen.

Unten auf dem Rasen machen sich unterdessen die Athleten warm, die „Heavies“ – die Schwergewichtsklasse. Die so genannten „Heavy Events“ gehören ohne Zweifel zu den Hauptattraktionen der Highland Games: Beim „Stone Put“ beispielsweise wird ein Stein gestoßen, ähnlich wie beim Kugelstoßen. Aber die Disziplin, die besonders die Nichtschotten im Publikum immer wieder fasziniert, ist das „Caber Tossing“, das Schleudern eines Baumstamms.

Tief bücken sich die „Heavies“ und nehmen das untere Ende des  Baumstamms in ihre verschränkten Handflächen. Ist der Stamm ausbalanciert, richten sie sich unter ihrer Last auf, nehmen ein paar Schritte Anlauf und schleudern den Caber von sich. Idealerweise sollte der Caber sich einmal überschlagen und dann möglichst gerade in Zwölfuhrposition landen. Die mehr oder weniger gelungenen Versuche werden von den Zuschauern mit „Ah“ und „Oh“ kommentiert. Beifall bekommt jeder Athlet. Auch Laufwettbewerbe und Mannschafts-Tauziehen gehören zu den Wettkämpfen.

Die Bühne für den traditionellen Highland Dance gehört den Mädchen und jungen Frauen. Sie hüpfen und springen nach einer komplizierten Abfolge mit fliegenden Röcken zur Musik eines Pipers, begutachtet von strengen Juroren.

Die Ursprünge der Highlands Gatherings liegen weit zurück. Die ältesten, historisch belegten, Wettbewerbe fanden 1314 in dem kleinen Örtchen Ceres in Fife statt. Damals wurden auf der Dorfwiese die Männer von Ceres auf die Schlacht von Bannockburn vorbereitet. Seither gibt es jedes Jahr Highland Games in Ceres bis auf einige historisch bedingte Zwangspausen. Alten Überlieferungen zufolge datieren die ersten Gatherings sogar ins 11. Jahrhundert. Zweck dieser Clanzusammenkünfte war es, zu ermitteln, welche Männer besonders stark oder schnell waren und deshalb gute Krieger oder Boten abgeben würden. Aber Clanchiefs legten genauso viel Wert auf Unterhaltung in ihren herrschaftlichen Clanssitzen und nutzten die Gatherings auch für eine Art Casting für Musikanten und Tänzer.

„Welcome with me the magnificent Massed Pipe Band“, ruft der Stadionsprecher nun in die Menge. Traditionelle Musik spielt in Braemar eine große Rolle. Das verrät schon die Geräuschkulisse. Wo man geht und steht schweben von irgendwoher die Töne von Bagpipes heran. Einzelne Dudelsackspieler beweisen ihr Können in der Arena vor Juroren oder spielen sich etwas abseits vom Geschehen für ihren Einsatz warm.