Nicola Sturgeon geht – und die Kandidatensuche hat begonnen. Am 27. März will die schottische Nationalistenpartei SNP eine neue Vorsitzende bzw. Vorsitzenden bekannt geben. Wer auch immer das Rennen macht, wäre damit auch neuer Regierungschef im Land. Doch wie wir in Heft 18 dargelegt haben, ist die SNP im Inneren gespalten, und der Wahlkampf droht, die Partei zu zerreißen. https://www.schottland.co/produkt/schottland-magazin-heft-18/
Seit dem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum im Jahr 2014 schien es für die schottische Nationalistenpartei SNP nur einen Weg zu geben: den nach oben. Der Brexit lieferte den Befürwortern eines unabhängigen Schottlands neue Argumente. (Die meisten Schotten hatten sich gegen den Austritt aus der EU ausgesprochen.) Die Corona-Politik der Tory-Regierung in London und die Skandale um Premierminister Boris Johnson spielten der schottischen SNP-Regierungschefin Nicola Sturgeon in die Hände. Doch Johnson wurde abgelöst, und Nicola Sturgeon hat im Februar angekündigt, ihr Amt als Regierungschefin abzugeben.
Als ihr Nachfolger präsentieren sich drei Kandidaten: Gesundheitsminister Humza Yousaf, Finanzministerin Kate Forbes und Ash Regan, die in der Vergangenheit ebenfalls Regierungsverantwortung trug.
Finanzministerin Forbes zog bei den Meinungsumfragen schon früh an den anderen beiden Bewerbern vorbei. Doch als überzeugte und praktizierende Christin macht sie keinen Hehl daraus, dass ihr die Politik ihrer eigenen Partei SNP in weiten Teilen zu progressiv ist: Forbes sprach sich beispielsweise gegen die gleichgeschlechtliche Ehe aus, die in Schottland seit 2014 per Gesetz erlaubt ist.
Herausforderer Humza Yousaf steht innerhalb der SNP für politische Kontinuität. Er war in der Vergangenheit in verschiedenen Regierungsämtern tätig und gilt als der Favorit von Sturgeon und von anderen Partei-Älteren. Ihm wird wegen seiner langen Erfahrung parteiintern am ehesten zugetraut, die Partei hinter sich zu bringen. Doch unklar ist, ob er auch Zeug zum Regierungschef hat. Bei einer Umfrage unter schottischen Wählerinnen und Wählern lag er zuletzt mit 24 Prozent Zustimmung klar hinter Forbes (32 Prozent). Jüngst sorgte er für Schlagzeilen als er sich dafür aussprach, die Monarchie abzuschaffen und Schottland in eine Republik zu verwandeln.
Ash Regan hingegen hat im Vergleich zu den beiden erstgenannten Kandidaten eine Position als Außenseiterin.
Sturgeon war es in der Vergangenheit gelungen ihre Partei zusammenzuhalten, nicht zuletzt durch die erzielten Wahlerfolge. Doch nachdem kein klarer Favorit bei der Nachfolgeregelung erkennbar ist, driften die unterschiedlichen Gruppierungen der Partei auseinander. In der Partei gibt es Mitglieder, die die Unabhängigkeit Schottlands wollen, aber sonst eher konservativ denken, es gibt Brexit-Befürworter und Brexit-Gegner, es gibt einen stark pazifistischen Flügel und Mitglieder, die Nicola Sturgeon bei ihrer kontroversen, da besonders weit gefassten Gender-Politik unterstützten.
Die Wahl der SNP-Mitglieder endet am 27. März.
Alles in allem scheint immer weniger klar zu sein, auf welchem Weg das zentrale Ziel, nämlich die schottische Unabhängigkeit, erreicht werden kann. Ebenso unklar ist, was für ein Land dieses unabhängige Schottland unter SNP-Führung dann sein könnte.
Heft 18: